Der Garten der Germanen (2). Erste Versuche einer Definition. Erste Recherchen.

 

germanisches Paar, Mann und Weib

Zählpixel Schon des Öfteren hatte ich vor, einen Fachartikel über einen möglichen Gemüsebau bei den Germanen zu schreiben. Recherchen besitze ich dazu etliche –  verborgen in meinem Archiv, wo sie sonst niemand anderem nützen. Da es jedoch sinnvoller ist, diese öffentlich und transparent zu machen, werde ich sie hier auf diesem Blog nach und nach als Recherchematerial publizieren.
Auch wurden von mir schon einige, der in ältester Zeit verwendeten Gemüse (vorzugsweise die Gemüse der Germanen), zwecks ihrer Brauchbarkeit selber getestet – also angebaut und in der Küche verwendet [1].
Für all diese Recherchen besitze ich ein klares Konzept, nach dem ich sie erarbeite und erstelle. Unten ist dieses Konzept in Form einer Checkliste notiert.

Definition der Bezeichnung: Die Germanen

Allerdings war mir anfangs noch gar nicht so bewusst, dass man im ersten Schritt erst einmal klar definieren müsste, was wir uns unter einem “Germanen”, einer germanischen Familie, einem entsprechenden Stamm oder Volk vorstellen sollten [2]. Der Begriff der Germanen war ja bekanntlich von den antiken Römern geprägt und wurde in ähnlicher Weise verwendet, wie der heutige Begriff Indianer” [3].

 Vergleich mit dem Begriff: Die Indianer

Interessant ist, dass heute – also jetzt in diesen Tagen – bei uns der Begriff Indianer durch korrektere Formulierungen geändert werden soll, wie Indigene Völker oder Indigene [4]. Das wiederum brachte mich auf den Gedanken, dass es doch am zweckmäßigsten ist, vergleichbare Begriffe für die Germanen zu verwenden, als langwierige Definitionen anzustellen.
Im Übrigen halte ich den Vergleich von Germanen und nordamerikanischen Indianern für besonders brauchbar, da sie noch im Frühmittelalter unter recht ähnlichen gesellschaftlichen Strukturen lebten [5]. Ich meine damit jene Zeit, da die Wikinger Grönland besiedelten die Ostküste Kanadas erkundeten. 

Der nordalpine Raum

Meine Recherchen beschäftigen sich naturgemäß mit landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Themen. Für diese Zwecke muss ich natürlich auch einen geographischen Raum klar definieren. Nehmen wir wiederum Bezug auf die Fokussierung der alten Römer und auf ihr Germania magna, so ist das ziemlich eindeutig der zentraleuropäische Raum. In diesem Falle passt es auch gut in mein Konzept, da dieser nordalpine Raum einigermaßen gleichartige klimatische und jahreszeitliche Verhältnisse aufweist. Diesbezüglich ist es mir dann wiederum möglich, den Gartenbau weniger differenziert darzustellen. Zumindest braucht es, abgesehen von Gebirge und Flachland, keine besonderen Differenzierungen in klimatischer Hinsicht.

Die Elbe und die Britischen Inseln

Eine Sonderstellung mögen die Britischen Inseln darstellen; überhaupt die Nordseeanrainer-Küsten, die quasi vor der Elbmündung liegend, dazugehören. Die Elbe und ihr räumliches Umfeld war nicht nur germanischer Lebensraum (Elbgermanen [6]), sondern auch eine altweltliche Hauptverkehrsader. Zu den Britischen Inseln und deren keltischen und römischen Bevölkerungsschichten finden sich entsprechende Kontakte und kulturelle Einflüsse; sicherlich auch in Bezug auf die Entwicklung der Landwirtschaft und den Ur-Gartenbau im nordalpinen Raum. Als Vorgänger-Kultur der Elbgermanen gilt die Jastorf-Kultur, die ihren Ursprung zwischen Harz und Eider haben mag.

Zentraleuropa

Da ich in meinen Ausführungen nicht gänzlich auf den Begriff der Germanen verzichten möchte, so steht er, wenn ich ihn gebrauche für: "indigene Zentraleuropäer" oder für die "First Nation Zentraleuropas" oder die "zentraleuropäische Ur-Nation". Das passt sogar recht gut mit der kanadischen Definition ihrer "First Nation" zusammen, die ihrerseits auch die Mestizen [4a] in ihre "First Nation" mit einbezieht, denn ähnliche Völkerverbindungen gab es sicher auch im antiken Germania magna.

Willy Langes nordalpiner Garten

Eine weitere Begrifflichkeit, welche den "germanischen Garten" auf den Punkt bringt und etliche Verunsicherung ausschließt ist: "nordalpiner Garten" im "nordalpinen Kulturraum".
Mir dieser Begrifflichkeit fühle ich mich dem Gartengestalter und Publizisten Willy Lange (1864–1941; königlicher Garteninspektor und Lehrer der königlichen Gärtnerlehranstalt in Dahlem) verbunden, der in seinen Ausführungen zur Planung von Gärten und Gartensiedlungen den Unterschied von süd- und nordalpiner Architektur und Gartenplanung jederzeit deutlich hervorhob.

Erste Gliederung der Recherchen

Da der erste wichtige Begriff für meine Recherchen einigermaßen gut geklärt ist, folgt nun meine angekündigten Checkliste. Diese soll mir helfen, die geschichtlichen, archäologischen und linguistischen Quellen zu sortieren. Zugegebenermaßen ist meine Auflistung selbst noch etwas ungeordnet. Ich werde sie hier an dieser Stelle während meiner laufenden Arbeit zeitnah vervollständigen (also neue Kriterien hinzufügen) und erst ganz am Ende der Studien thematisch genau ordnen.

Vorweg genommen, werden bekanntlich folgende Kulturpflanzen bei den vorgeschichtlichen nordalpinen Völkern vermutet: Einkorn, Weizen, Dinkel, Gerste, Roggen, Hafer (?), Hirse, Linse, Feldbohnen, Erbsen, Rüben, Spargel, Zuckerwurzel, Rettiche, Zwiebeln und dazu definitiv viel Lauch und Knoblauch.

Recherche-Checkliste

Die Kulturpflanzen und deren Anbau

  1. Verwendete Kulturpflanzen.
  2. Auslese und Weiterentwicklung der Kulturpflanzen .
  3. Damalige Vermehrungs- und Anbautechniken.
  4. Gab es neben dem Pflugbau auch den Hackbau?
  5. Entwickelte sich aus dem Hackbau der Gartenbau?
  6. Ernte und Lagerung.
  7. Haltbarmachung und Zubereitung.

Kulturelle Aspekte

Mit der Betrachtung der Kulturpflanzen ziehe ich dann meine Schlüsse zu den gesellschaftlich-kulturellen Aspekten:

  1. Handel … Gemüseproduktion für den Handel.
  2. Kulturpflanzen als Tauschmittel (Geldersatz).
  3. Kulturpflanzen als Abgabe (Naturalsteuern).
  4. Kulturpflanzen zur unmittelbaren Selbstversorgung.
  5. Kultivierung von Hailpflanzen, Zauer- und Räucherpflanzen, Rauschpflanzen.
  6. Kulturpflanzen und deren Handhabung überhaupt, als “Zeigerpflanze” für Können und Wissen.
  7. Kulturpflanzen in Bezug auf Arbeitsteilung in der Familie und im Dorf.
  8. Klimatische Verhältnisse.
  9. Weitere Rückschlüsse auf Ackerbau und Viehzucht, mögliche Überproduktion.

Erläuterungen und Quellen

[1] Genau genommen sind diese Tests, bezüglich dieser Brauchbarkeiten, eine Art experimentelle Archäologie. Sie zeigen nicht nur, welche Rolle das eine oder andere Gemüse im Alltag unserer Vorfahren spielte; die Tests wurden in meinen Versuchen vor allem Ideengeber für etliche weiterführende Hypothesen. Das betrifft vorzugsweise das Lauchgemüse (Allium-Arten).
Mich beschäftigt vor allem die Frage, in welcher Form bei erbrachten besonderen kulturellen Leistungen (z.B. Megalith-Bauten, Hügelgrabanlagen, usw.) die dafür notwendigen Wirtschaftsleistungen dafür vorhanden waren. Damals war das in erster Linie Landwirtschaft und Gartenbau, sowie der Handel mit anderen Völkern, bzw. arbeitsteilige Leistungen der verschiedenen vorgeschichtlicher Völkerschaften und deren kulturelles Zusammenwirken.

[2] Eine brauchbare Definition für Germanen wäre, das wir darunter die Kulturträger der Germanisch-indoeuropäischen Sprachfamilie verstehen.

[3] Interessanterweise wurde bei den Römern der Germane im literarischen Kontext als “edler Wilder” verklärt. Vergleichbares fand wohl auch mit den Indianern in der Literatur von Karl May statt.

[4] Im englischsprachigen Raum wird der Begriff "Indigenous Peoples" (indigene Völker) oder einfach "Indigenous" häufig verwendet. Umgangssprachlich wird auch oft einfach "Natives" (Eingeborene, Einheimische) verwendet, um auf indigene Völker zu verweisen, obwohl dieser Begriff nicht so präzise ist wie "Indigenous Peoples" und daher weniger in wissenschaftlichen oder formellen Kontexten verwendet wird.

[4a] In Kanada findet sich für die Indigenen zuerst auch der Begriff "First Nation", um die indigenen Völker zu beschreiben, die dort traditionell ansässig waren, bevor europäische Kolonisatoren ankamen. "First Nations" umfasst eine Vielzahl von indigenen Völkern, einschließlich der klassischen Indianerstämme, der Inuit und der Métis (Mestizen).

[4b] Métis sind die Nachfahren früher europäischer Einwanderer (Pelzhändler), die sich bereits genetisch mit Indigenen vermischt haben, wobei die Métis in Kanada seit 1982 als indigenes Volk anerkannt sind. Seit 1983 vertritt sie in Kanada das Métis National Council/Ralliement national des Métis. Quelle:
https://web.archive.org/web/20240222130153/https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A9tis

[5] Der Gedanke, die Germanen und Indianern in ihren gesellschaftlichen Strukturen zu vergleichen, kam mir beim Lesen der beachtenswerten Publikation von Jared Mason Diamond “Kollaps. Warum Gesellschaften überleben oder untergehen.” (engl.Titel 2005: Collapse. How Societies Choose to Fail or Succeed.) Dort werden von Diamond die Wikinger, Isländer, Grönländer – also die germanischen Fürsten – stets als “Häuptling” bezeichnet.
DIAMOND, Jared; Kollaps - Warum Gesellschaften überleben oder untergehen; Frankfurt am Main 2009, Kapitel 6 Die Wikinger (siehe auch gestriger Blog-Beitrag über Island 

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Elbgermanen

©Bildrechte und Text: Thomas Jacob, Bild: leonardo.ai (ancient germanic peoples family)


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