Manfred Morgenstern, Oktober 2023
Wenn wir mit verschiedenen Behörden und Agenturen in Konflikt jedweder Art kommen (Jobcenter, Wohngeldstelle oder Kindergeldkasse sind hier nur Beispiele), dann müssen wir dem üblichen Verwaltungsverfahren entsprechend nicht selten in Widerspruch gehen oder in einer bestimmten Frist dieses oder jenes tun. Bei all diesen Aktionen fällt gewöhnlich auch viel Schriftverkehr an, der selbstverständlich gut geordnet, am besten nach Datum, aufbewahrt werden sollte. Wenn wir zum Beispiel einmal vor dem Verwaltungsgericht einen Widerspruch ausfechten müssen (und wir sollten das ruhig zuviel, als zu wenig tun), dann sind diese gut geordneten Unterlagen Gold wert!
Eine Analogie, die sich jedermann einprägen sollte…
Das Stichwort „Gold wert“ soll mir nun aber zum Aufhänger dienen, ein wunderschönes einprägsames Bild zu zeichnen, welches Jedem von uns eine große Hilfe sein kann, vor Behörden und vor allem vor Gericht erfolgreicher zu werden, als je zuvor. Um den „juristischen Betrieb“ in Stadt und Land ein wenig besser zu verstehen stelle ich einmal die fiktive Behauptung in den Raum, dass es dort ein besonderes „Zahlungsmittel“ gibt, welches jedermann im Portmonnaie haben sollte. Und das ist Papier. Viel Papier: Anträge, Anschreiben, Stellungnahmen, Erklärungen, Widersprüche, Verwaltungsakten, Protokolle, Verwaltungsentscheidungen, Urteile usw.
Allein, wenn ich sehe, dass in meinem eigenen Fall ein einziges, simples Widerspruchsverfahren (Kindergeld-Zuschlags, 2017/2018) nach einem Jahr einen fetten Leizordner füllte, können Sie verstehen, wie ich auf diese Bildsymbolik gekommen bin. Dieses viele Papier (heute natürlich auch virtuelles PDF-Papier) sind für mich also „Zahlungsmittel“. Es sind aber nicht einfach so irgendwelche Banknoten. Um mein Bild noch etwas zu verfeinern sei hinzugefügt, dass die einzelnen Zettel — wie richtiges Geld — eine bestimmte Wertigkeit besitzen. Da ist zum Beispiel ein Anschreiben fünf Taler Wert und ein Gerichtsurteil samt Begründung zweihundert Taler. Dazwischen gibt es 10, 20 oder auch 50 Taler-Scheine.
Ein Protokoll ist hundert Goldtaler wert!
Und nun komme ich auf den und auf ein ganz bestimmtes juristisches Format … die hundert Taler-Banknoten. Und das sind die Protokolle. Gerichte lieben sie sehr – Arbeitsamt, Jobcenter und Co. mögen sie vermutlich weniger. Um auf das eingangs erwähnte Gold zurückzukommen. Wenn wir in dieser Währung zahlen können und dazu noch persönliche, gewissenhaft und vor allem zeitnah angefertigte Protokolle (mit einer zweiten Bestätigungs-Unterschrift) zur Verfügung haben – dann ist das sogar ein Hunderter in Gold gedeckter Währung wert! Warum das so ist, will ich gar nicht großartig ausführen, allein dass in einem Protokoll bestimmte Hergänge übersichtlich und leicht überschaubar ordnet, mag ein Grund dafür sein, das Entscheider solche Papier lieben. Übrigens sind Protokolle nicht nur für Richter hilfreich, sondern auch für den einbezogenen Rechtsbeistand. Er spart mit gut ausgearbeiteten Protokollen Zeit und wir sparen damit am Ende sicher auch einige Anwaltskosten ein.
Protokoll als Beweismittel vor Gericht
Für ein Gericht mag ein Protokoll als Beweismittel nicht unbedingt eine andere Wertigkeit besitzen, als andere. Alle Beweismittel, sei es schriftlich, mündlich oder in anderer Form, werden nach den geltenden Regeln und Gesetzen bewertet und berücksichtigt. Als Teil davon hängt die Bedeutung eines Protokolls von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich seiner Relevanz, Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit. Ein Quäntchen Zusatzgewicht – und das ist für manche Entscheidung nötig – besitzt das Protokoll aber dann, wenn es zeitnah geschrieben ist.
Ein persönlich erstelltes Protokoll sollte unmittelbar nach dem Ereignis verfasst werden, wenn die Erinnerungen noch frisch und detailliert sind (bei Verwaltungsangelegenheiten sind es oft wichtige Details des Vorgangs, die man später vergisst). Dies kann dazu beitragen, die Genauigkeit und Zuverlässigkeit des Berichts zu erhöhen.
In der Praxis ist es natürlich so, dass wir im ersten Affekt, wenn wir zum Beispiel solche einen Bericht als Reaktion auf einen Ablehnungsbescheid verfasst haben, sehr emotional geprägt ist. Oft haben wir anfangs das Eine oder Andere im Ablehnungsbescheid auch missverstanden. Doch dann ist es sehr wertvoll, dass wir neben diesem ersten Protokoll ein paar Tage später ein detaillierteres und besser struktuierteres verfassen und das Erste dem Zweiten als Anhang beifügen.
Protokoll scheiben um selber die Übersicht zu behalten
Niederschriften zu besonderen Ereignissen oder Verwaltungsvorgängen sind nicht nur für Juristen hilfreich (Arbeitsamt und Jobcenter auch nur juristische Betriebe), sondern auch für uns selber. Besonders Widerspruchsverfahren und ähnliche Vorgänge werden oft schnell sehr unübersichtlich, sodass wie selber die Übersicht darüber verlieren, was nun wann gewesen ist. In diesen Fällen ist es zweckmäßiger die eigenen Protokolle durchzulesen, als einen umfangreichen Brief- und E-Mailverkerhr, der vielleicht gar nicht mehr vollständig vorhanden ist.
Ein hinterlegtes Protokoll
Protokolle werden bekanntlich für die verschiedensten Dinge angefertigt. Ein Unfall wird protokolliert, ein geschäftliches Treffe, ein Telefonat oder vieles mehr. Die folgenden Erfahrungen gelten einmal zuerst für Bürgergeld-, Wohngeldanträge oder derlei Dinge, doch sind sie auch auf anderen Gebieten anwendbar. Sie basieren auf eigenen, gut vierzigjährig langen Erfahrungen. Eine Behörde – nehmen wir das Arbeitsamt und Jobcenter als Beispiel – wird immer daran interessiert sein, dass ihr Verhalten und ihre Entscheidungen nicht an die Öffentlichkeit geraten. Früher fürchtete man sich vor der Presse (heute eine zahnlose alte Mume… wenn nicht gar Mumie) – heute könnte es möglich sein, fürchtet man sich vor den Einblicken der Konkurrenz. Und das sind Behörden/Gerichtsbarkeiten anderer Entitäten. Da gibt es zum Beispiel Landkreisbehörden (Wohngeldstelle, Finanzamt), Landesbehörden (i.d.R. Polizei, Amtsgericht) oder auch Bundesbehörden (Arbeitsagentur, BAföG) und natürlich auch Zwitter-Agenturen, wie das Jobcenter (für Bürgergeld zuständig), bestehend aus Bundesagentur + kommunaler Träger.
Ich will nun nicht gerade sagen, dass eine gewisse Feindschaft zwischen diesen Behörden besteht, aber offensichtlich doch eine gewisse Abgrenzung besteht. Was ich damit sagen möchte ist: ich war einmal der Not gehorchend, gezwungen, wegen eines Widersprucherfahrens mit dem Jobcenter (Bundesagentur + kommunaler Träger) beim Amtsgericht (Landesbehörde) vorstellig, um einen Beratungsschein (Verfahrenskostenhilfe) zu beantragen – also die Übernahme der Beratungskosten beim Rechtsanwalt. Weil das Amtsgericht mein Anliegen streng prüft, schrieb ich ein dreiseitiges Protokoll über das Verhalten des Jobcenters mir gegenüber und übergab es dem Amtsgericht als Anlage zu meinem dortigen Antrag. Damit ist diese Protokoll ohne Notar oder derartige Aufwendungen, bei einem Amtsgericht hinterlegt. Natürlich schickte ich einige Tage später dieses Protokoll auch an das Jobcenter, weil ich ein netter Mensch bin und das Jobcenter doch gern darüber nicht im unklaren lasse, was ich quasi hinter ihrem Rücken unternehme… Und im Nachhinein glaube ich dass es eine sehr wirkungsvolle und erfolgreiche Aktion war, wenn sich der Erfolg auch nicht auf direktem Wege einstellte.
Eine zweite Möglichkeit, welche ich hier noch ansprechen möchte und auch eine hochwertige Hinterlegung darstellt ist folgende: Legen Sie sich ein physisches privates Protokollbuch an. Hier werden Seite für Seite je nach Ereignis erste Kurzprotokolle verfasst. Wie oben bereits erwähnt, können diese dann etwas später in einem anderen Format weiter ausgeführt werden. Als Anlage wird das erste, spontane Protokoll aus dem Buch (per Handy-Fotokopie) als Anlage beigefügt. Solche Notierungen sind (weil im Buch niedergeschrieben) von hohem dokumentarischen Wert, weil sie im Nachhinein nicht mehr manipuliert werden können.
Checkliste zum Protokoll schreiben.
Noch ist es so, dass sich das geschriebene Protokoll, welches in einem gewissen Sandart unterworfen sein sollte, immer noch am besten bewährt. Man kann heute zwar mit dem Smartphone Bilder und Videos als Beweismittel sammeln, doch in der Praktikabilität ist das geschriebenen Protokoll immer noch die ungeschlagene Nr. 1 meiner Empfehlungen. Fotos und Videos können durchaus sehr wertvoll sein, aber immer nur als Anhang oder Ergänzung eines schriftlichen Protokolls (so meine Meinung).
Die Minimalansprüche, welches ein Protokoll erfordert (es kann durchaus von Hand geschrieben sein), sind:
Ort + Datum + „Protokoll“ (als Überschrift) + Hergang formuliert + Unterschrift.
Das wären also die Minimalanforderungen. Wer einen solchen Bericht etwas ansehnlicher gestalten möchte, der schaue sich die Checkliste für die Erstellung eines Protokolls an, welche ich erarbeitet habe. Und damit soll es an dieser Stelle erst einmal genüge. Ich schlage dem werten Leser vor, diese Seite morgen noch einmal zu studieren, denn auch ein Baum wird nicht mit dem ersten Axthieb gefällt. Prägen sie sich vor allem das Bild mit den Banknoten ein. Dieses wird dann prägend immer wieder abrufbar sein und vorsorglich so manches Problem im Vorfeld lösen, wenn dann doch einmal schnell und unkompliziert ein Protokoll verfasst wurde.
Manfred Morgenstern, Oktober 2023
Der oben stehende Beitrag ist journalistischer Natur und sehr gut recherchiert, doch gebe ich für nichts Garantien ab. Mir können auch Fehler unterlaufen sein. Ich möchte zudem darauf hinweisen, dass dieser Text keine juristische, steuerliche oder finanzielle Beratung darstellt; und auch teils satirisch gemeint ist.