Kohlenstoffbindung durch Bodenlockerung und Freisetzung von Kohlendioxid (CO₂) aus dem Boden. Interessant für jeden Kleingärtner!

Sandschaufel im Sandstrand
Wie entstehen eigentlich organische Stoffe im Boden?

Zählpixel Der folgende Beitrag mag auf den ersten Blick zwar fachlich etwas trocken erscheinen, doch räumt er zunächst mit einem weit verbreiteten Unwissen auf. Am Ende hilft er uns auch noch ganz praktisch im Kleingarten weiter, wenn wir die eine oder andere Anbaumethode in ihrer Nutzwirkung beurteilen möchten. Kommen wir also ohne lange Vorrede sogleich zum Thema und zunächst zum Unwissen:

Kohlendioxid im Boden speichern?

Wir hören heute oft – aus welchen Gründen auch immer – dass es doch gut wäre, wenn unsere Kulturböden Kohlendioxid in Form von Kohlenstoff speichern würden. Der Begriff hierfür ist zunächst "Kohlenstoffbindung im Boden". Er beschreibt den Prozess der Bindung und Speicherung von Kohlenstoff (aus CO₂) im Kulturland, oft im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Praktiken, Forstwirtschaft oder anderen ökologischen Maßnahmen. Heutzutage tut man das vorzugsweise zur Reduktion von Treibhausgasen in der Atmosphäre.

Vielerorts werben Experten dafür, diese Kohlenstoffbindung dadurch zu befördern, indem das Kulturland so wenig wie möglich beackert werden soll (No-Till Verfahren) [1]. Man nennt das auch "konservierende Landwirtschaft"; doch offensichtlich trägt das gar nicht zur gewünschten Kohlenstoffbindung bei [2]. Und trotzdem hat sich diese merkwürdige Ansicht weit verbreitet. Sie hat auch nicht vor unseren Kleingärten halt gemacht, denn es ist ziemlich unschicklich geworden in Kleingärtner-Kreisen davon zu reden, die Beete umzugraben.

Bauer mit Pflug und Ochsen
Seit gut 5000 Jahren wird gepflügt. Heute will man schlauer sein...?

Kohlenstoffbindung und Umgraben. Beides ist ok!

Ich rolle das Thema aber zunächst einmal von einer ganz anderen Seite auf, damit wir einen weiteren Blick auf den besagten Sachverhalt bekommen. Ich finde beispielsweise das Umgraben und die Bodenlockerung der Gartenbeete für sehr sinnvoll. Auf der anderen Seite halte ich aber auch die Kohlenstoffbindung für nützlich, allerdings nicht zur vermeintlichen Klimarettung, sondern zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit (und der Wassernutzungs-Effizienz).
Konkret gesagt, ist es doch bekannt, dass die Kohlenstoffbindung ein bioaktives Erdreich fördert und das geschieht auf zweierlei Weise:

1. Durch organischen Kohlenstoff

Der besagte Kohlenstoff stammt vor allem aus lebenden und zersetzten (und fermentierten) Pflanzen- und Tierresten, woraus organischer Humus ensteht. Ein Teil davon wird in in stabilen Humusverbindungen gespeichert, die nur sehr langsam abgebaut werden. Ein anderer Teil ist in leicht abbaubaren organischen Stoffen enthalten, die von Mikroorganismen allerdings  sehr rasch zersetzt werden können.

Stabile Humusverbindungen werden bekanntlich auch dadurch gefördert, wenn wir dem Kulturland zusätzlich bio-aktiviertes Holzkohlepulver und Holzasche beimengen, also Terra-Preta-Substrat

2. Anorganischer Kohlenstoff

Dieser befindet sich hauptsächlich in Form von Karbonaten (Kalkverbindungen) im Boden. Sie sind selber zwar nicht bioaktiv, doch fördern sie die Lebensbedingungen der Bodenorganismen und der Kulturpflanzen. Von letzteren sind es dann wieder die Wurzeln, die nach der Ernte im Boden verbleiben, verrotten und im Verband mit den Bodenorganismen Humus bilden und Kohlenstoff binden. Karbonate können wir dem Boden beispielsweise durch Holzasche zuführen. Holzasche selber ist anorganisch, fördert aber das Bodenleben. So verrottet beispielsweise ein Komposthaufen schneller, wenn wir ihm Holzasche oder Kalk oder Kalkstickstoff untermischen.

Nun aber um die Ecke- oder Querdenken!

Kohlendioxid raus und Sauerstoff rein!

Im Boden leben, wie oben erwähnt, zahlreiche Mikroorganismen, die für die Humusbildung verantwortlich sind, also für die Kohlenstoffbindung im Boden. Bei diesem Umwandlungsprozess von organischen Materialien wird CO₂ freigesetzt, was auch als Bodenatmung bezeichnet wird.

Das von den Mikroorganismen abgegebene CO₂ im Boden ist aber unglücklicherweise dem aeroben Bodenleben nicht förderlich [3], wie auch dem Wurzelsystem der Pflanzen. Genauer gesagt ist es so, dass, wenn der Acker oder das Beet zu sehr verdichtet ist, wird dadurch der Boden-Gasaustausch behindert. In der Folge kann sich in Verbindung mit Wasser Kohlensäure bilden und diese Säure ist es, welche die Fruchtbarkeit der Anbaufläche mindert. Pflanzenwurzeln und Mikroben wollen Sauerstoff in der Bodenluft und keine Kohlensäure im Bodenwasser! Das CO₂ muss also raus aus dem Acker, was durch die Belüftung des Bodens geschieht, also: Pflügen, Umgraben und regelmäßig die Bodenkrume lockern! Im Garten ist damit das Häckeln gemeint.

Biozyklische Humuserde

Ein extrem optimiertes Verfahren, welches auf diesen Prinzipien aufbaut, ist die Technologie der Herstellung sogenannter Biozyklischer Humuserde [4] wo die besagten Prozesse nicht direkt im Kulturland, sondern in Kompostmieten stattfindet und die Optimierung maximal ausgereizt ist.
Hier spricht man dann bereits von einer mikrobiellen Fermentierung.

Mikrobielle Fermentierung

Diese aerobe Fermentierung erfolgt in mehreren Phasen, wobei Temperatur und Feuchtigkeit genau kontrolliert werden, um optimale Bedingungen für sauerstoff-liebende Mikroorganismen zu schaffen. Besonders in der ersten Phase der Entstehung des Substrats ist bei dem angewendeten, sogenannten Lübke-Hildebrandt-Verfahren, das regelmäßige Wenden des Komposts wichtig, was für eine ausreichende Belüftung und gleichmäßige Verteilung der Feuchtigkeit sorgt. Dadurch wird die aerobe Zersetzung unterstützt und die Bildung von schädlichen anaeroben Bedingungen vermieden. Der Aufbau dauerhafter Humusteilchen wird gefördert, Pflanzennährstoffe im Kompost gebunden und das Substrat in optimaler Form bioaktiv erhalten. Das entstehende Substrat enthält am Ende extrem viel Dauerhumus und beweist den Nutzen dieser Prozesse auch bei einer vergleichbaren mechanischen Bodenbearbeitung auf Äckern oder Gartenbeeten.

Ich rate dem interessierten Leser über diese grundlegenden Erkenntnisse bezüglich der Bodenbiologie nachzudenken. Vergleiche dann die Schlussfolgerungen mit den heute vorherrschenden und vermutlich ideologisch überlagerten Experten-Ratschlägen zu Anbautechniken und Klima-Rettungs-Vorschlägen. In diesem Kontext müssten sich die Klimaexperten eigentlich diesem Thema besonders widmen und Fördergelder in derartige Bodenbearbeitungstechniken [5] fließen lassen. Aber es wird das Gegenteil gemacht und ich frage mich warum?

Weitere Prozesse, die durch Bodenbelüftung angeschoben werden

Die CO₂-Emissionen nimmt sich das Grün sofort

Nebenher und wird aus der Erde austretendes, bodennahes Kohlendioxid, von den Pflanzen wiederum begierig aufgesogen, denn Pflanzen sind auf unserem Erdenrund bekanntlich CO₂-unterversorgt (ich hoffe das ist bekannt). Da wird das Kohlendioxid dann wiederum zu Biomasse umgewandelt (Kohlenstoff gebunden) und Sauerstoff freigesetzt.

Pflanze auf dem Beet
Über dem Erdboden ist die Spurengas-CO₂-Konzentration zum Vorteil der Kulturpflanzen höher, als in der Luft.

Bodenstruktur und Pflanzenwachstum

Ein lockerer Boden ist wiederum für das Wurzelwachstum und die Nährstoffaufnahme der Pflanzen vorteilhaft. Eine lockere Bodenstruktur ermöglicht es den Wurzeln, sich leichter ausbreiten und die erforderlichen Nährstoffe aufzunehmen. In die Tiefe wachsend, gelangen die Pflanzenwurzeln an die Wasserdepots der unteren Bodenschichten. Das alles wird sich also positiv auf das Pflanzenwachstum auswirken.

Fazit

Aus all dem Gesagten und Geschriebenen ergibt sich die Erkenntnis, dass sogar der kleinste Kleingärtner diese Prinzipien anwenden und damit quasi das Rad neu erfinden kann. Es ist die Alternative zur Alternative (Blogbeitrag von 25.7.2024) und das ist ganz genau auch meine Gartenbau- und Lebens-Philosophie. 🌳

Quellen und Erläuterungen

[1] Beispiel: "Ein weiterer bedeutender Vorteil des No-Till Verfahrens ist die Möglichkeit, CO₂ effektiv im Boden zu speichern. Durch den Verzicht auf Pflügen wird weniger CO₂ freigesetzt, während gleichzeitig mehr organische Substanz im Boden eingearbeitet und gespeichert wird." Webseite der crop.zone GmbH: https://web.archive.org/web/20240728215943/https://crop.zone/blog/kombination-von-no-till-und-oekolandbau/
oder:
DERPSCH, Rolf, Moderner Ackerbau des neuen Jahrtausends – ohne Pflug! Direktsaat – die hohe Kunst des Ackerbaus; https://web.archive.org/web/20240523052414/https://soilify.org/direktsaat/
Mein Kommentar: Das neue "Jahrtausend ohne Pflug" mag für trockene Klimaten kommen, doch nicht in Gegenden, wie bei uns, wo es relativ feucht im Sommer ist. https://soilify.org/direktsaat/ Jede klimatische Region der Erde bedarf seiner speziellen Bodenbearbeitung! Sie auch [3].

[2] DON, Dr. Axel, Thünen Institut für Agrarklimaschutz, Braunschweig; 06. 8. 2019; Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL); siehe: "Kaum mehr Kohlenstoff durch Mulch- oder Direktsaat" 
https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/bodenschutz/klimaschutz-durch-pflugverzicht.html

[3] Es wirft sich hier natürlich auch die Frage auf, warum in vielen Ländern der Anbau unter Kunststoff-Mulchfolie so erfolgreich ist, da mit der Folieabdeckung (auf leicht erhöhten Erddämmen) das CO₂ schwerer entweichen kann. Meine These hierzu ist die, dass dieses (je tropischer die Gefilde werden) zweckmäßig ist, weil dort ohne Abdeckung alle organischen Stoffen schnell abgebaut werden und in den Tropen kaum auf natürlich Weise Dauerhumus gebildet wird.  Die Bodenbearbeitung mit Fräse + Mulchfolie ist eine Anbautechnik der Tropen, so  meine ich. Eine alte Anbautechnik der Tropenölker ist übrigens der Brandfeldbau, bei dem Terra-Preta-Erde entsteht. Dieses Thema werde ich sicher noch einmal gesondert erläutern.

[4] https://web.archive.org/web/20240528121617/https://biozyklisch-vegan.org/biozyklische-humuserde/

[5] "Pflanzen angeln das kohlenstoffhaltige Gas aus der Luft [...] Sterben sie ab, macht sich eine Armada aus Mikroben, Springschwänzen, Hornmilben [...] und verwandelt es in Humus. Im Idealfall speichert die nährstoffreiche Mischung einen Teil des Kohlenstoffs über mehr als 1000 Jahre."
HOFRICHTER, Andrea ; Klimaschutz: Abgase in den Boden; Süddeutsche Zeitung; 21.1.2021

Bildreche 1. und 2. Bild von oben: 
  1. Scott R; https://www.pexels.com/de-de/foto/gelbe-schaufel-halb-auf-sand-nahe-dem-ozean-begraben-296357/
  2. Mehmet Turgut Kirkgoz; https://www.pexels.com/de-de/foto/farmer-bauer-landwirt-braun-11500221/

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