September: Efeu blüht. Die Imker freuen sich.

Knoblauch (Allium ampeloprasum) der Megalithiker, Germanen und mein Lauch im Garten.

1) Dolmen des Marchands, in Locmariaquer (Bretagne). Historische Postkarte.

Vorbetrachtung

Zählpixel Da im September die Pflanzzeit für verschiedene Knoblaucharten und -sorten beginnt und dieses Thema wieder stärker in unseren und meinen Fokus rückt, widme ich mich in diesem Blog-Artikel zunächst einer historischen Betrachtung dieser beliebten Art von Würzgemüse.

Diese geschichtliche Betrachtung ist nicht nur von theoretischer Natur, sondern dient mir auch richtungsweisend für meinen eigenen Anbau von Lauch und Knoblauch im eigenen Garten (siehe unten). Das tut es schon aus dem Grunde, da der Knoblauch eines der ältesten Gemüse überhaupt ist, und dass man ihm in ältester Zeit einen besonderen Wert beimaß. Warum sollte das dann heute nicht auch der Fall sein?

Bekanntes aus geschichtlichen Aufzeichnungen

Der Knoblauch hat ja in vielen alten antiken Kulturen, wie etwa bei den Ägyptern, Hebräern, Germanen und vielen anderen Völkern auch, eine wichtige Rolle gespielt. Vermutlich gilt das auch für die alten seefahrenden Völker, wie die Phönizier. Über die Phönizier und deren Gartenbaukultur habe ich bereits einen Blog-Artikel (2.7.2024) geschrieben.
(Noch heute ist Knoblauch ein Glücksbringer der Seefahrer [1].)

Schon die Römer spotteten über den Knoblauchgestank der Germanen

Von den Germanen (Langobarden) ist die Liebe zu dem Lauchgemüse insofern geschichtlich belegt, als dass sich der römische Beamte Sidonius Apollinaris um 460 in einem Brief an seinen Freund Burgundio frech über die Laute-zupfenden Langobarden beschwert, die erbärmlich nach Zwiebeln und Knoblauch stinken würden:

“Warum verlangst du von mir [lieber Burgundio], selbst wenn ich es könnte, ein Gedicht zu verfassen [...], da ich mich unter Horden von Langhaarigen befinde, germanische Worte ertragen und dann noch mit saurer Miene loben muß, was der gefräßige Burgunder [Germane] singt, der sein Haar mit ranziger Butter tränkt? [...] Glücklich kann man deine Augen und Ohren, glücklich deine Nase nennen, da dir nicht der Gestank von Knoblauch und Zwiebel [der Germanen] gleich am frühen Morgen zehn Gerichte hochkommen [rülpsen] lässt, …” [2].

Die Lauch-Rune Laukaz

Doch müssen wir nicht erst diesen überheblichen Römer zitieren, um festzustellen, dass bei den Völkern hinter dem römischen Limes Lauch eine besondere Rolle spielte. Immerhin haben unsere Altvorderen dem Lauchgewächs ein eigenes Schrift-Runen-Zeichen gewidmet. Das ist die Rune Laguz, bzw. Laukaz (ᛚ), die einundzwanzigste Rune des Futhark (des alten Runen-Alphabets), beziehungsweise die fünfzehnte Rune des altnordischen Runenalphabets mit dem Lautwert L.

Anfangs war mir gar nicht klar, was das Runenzeichen ᛚ in Form eines abgeknickten Stabes mit dem Lauch zu tun haben sollte. Mit der Kultur dieses Gemüses erkennt man den Zusammenhang jedoch recht schnell, denn die Lauchblätter besitzen besonders im Winter diese typische Form. Ihre schmalen Blätter knicken im oberen Drittel ab.

Perllauch
2) Laub des Perllauchs mit typisch abgeknickten Blättern.

Der Wert des Lauchs, den es in allen denkbaren Spielarten zwischen Knoblauch und Porree gibt, wie auch in einer Zwiebel-Form (Perllauch), ergibt sich daraus, dass es ein ertragreiches Lager- und Wintergemüse ist. Und noch wichtiger ist, es ist die entscheidende würzende Zutat für alle möglichen Fleischzubereitungen (inklusive Fisch), die nicht nur würzt, sondern das Fleisch auch bekömmlicher macht.

Ägypter, Hebräer und Zentralasiaten der Vorgeschichte 

Eines kann aber als sicher gelten, dass die Germanen (wie früh oder spät man sie auch in die Völkergeschichte einordnen möchte), dieses Gemüse nicht selber domestiziert, sondern von älteren Kulturvölkern übernommen haben. Ähnlich geschah das bei den Hebräern (Israeliten), welche es vermutlich von den Ägyptern ererbt haben. Bei den Ägyptern wiederum – einer hoch entwickelten Megalith-Kultur, die mit riesigen Steinquadern ihre Tempel und Pyramiden erbauten – stand der Knoblauch von jeher hoch im Kurs. Zwar ist Nordafrika vermutlich ebenfalls nicht die Urheimat des Knoblauchs und auch die Ägypter haben den Lauch nicht selber domestiziert (das geschah wohl in Zentralasien), doch wollen wir trotzdem noch kurz bei diesem Volk am Nil verbleiben.

Speise der Megalith-Kultur-Völker?

Meine Vermutung – und bei den Ägyptern wird das besonders deutlich – ist aber die, dass es für den Bau solcher gigantischen Steinarchitekturen, wie wir sie in Ägypten vorfinden, auch die entsprechenden Kalorien-Nahrungsmittel braucht. Das waren bei den Ägyptern neben Getreideprodukten (und Bier!) definitiv auch Fleisch und Fisch, denn anders sind die nötigen Kalorien pro Schwerarbeiter nicht zu beschaffen (es sind 4000 bis 5000 kcal am Tag). Das geht nur mit einem bestimmten Teil an Fleisch (Tierisches Fett) und mit dem Fleisch braucht es möglicherweise wiederum den oben erwähnten Knoblauch.

Meine Hypothese ist nun wiederum die, das wir überall in vorgeschichtlicher Zeit, wo wir auf megalithische Bauwerke stoßen (wenigstens in der Alten Welt) auch den Knoblauch oder äquivalent andere Allium-Arten als kultiviert vorfinden.

Für mich als Gärtner stellte sich aber bald die Frage, welche Arten und Varietäten unsere Altvorderen kultivierten und in welcher Form sie das taten. Den Knoblauch gibt es ja bekanntlich in zwei Arten Allium sativum und Allium ampeloprasum, welche sich wiederum in Unterarten (Varietäten) aufspalten, wobei der Porree eine Abart von Allium ampeloprasum darstellt.

Fazit und Thesen

Um den vorliegenden Blog-Artikel aber nicht zu weit in die Länge zu ziehen, fasse ich mich kurz. Ich vermute für den Kulturbereich der Germanenstämme und der ihnen vorangegangenen Westeuropäischen und Nordischen Megalithkultur vor allem Allium ampeloprasum. Relikte dieser Kulturpflanzen aus aller-ältester Zeit, sehe ich vor allem in den Allium ampeloprasum Varietäten, welche durch ihre jahrtausende lange vegetative Vermehrung (z.B. über Brutzwiebeln) kaum noch fruchtbare Blüten ausbilden (Allium ampeloprasum Pearl-Onion Group, siehe Bild unten) . Und das sind diejenigen Varietäten, welche heute an ihren Blütenständen Luftzwiebelchen statt Zwiebeln ausbilden, also Bulbillen. Beispiel:

Allium ampeloprasum
3) Allium ampeloprasum Pearl-Onion Group, Handelssorte 'Hairy Friend'. Mit kleinen Lauchzwiebelchen im Blütenstand.

Perllauch und Perlzwiebel
4) Perllauch (links), nicht zu verwechseln mit Perlzwiebel (rechts).

Allium ampeloprasum eine uralte Kulturpflanze der Megalith-Völker?

Eine Merkwürdigkeit, die mir nicht aus dem Sinn gehen will, ist nämlich die Beobachtung, dass die zwei bekanntesten Varianten mit Luftzwiebelchen (Allium ampeloprasum var. babingtonii und Allium ampeloprasum var. bulbiferum) genau dort wild (oder verwildert) vorkommen, wo in vorgeschichtlicher Zeit in Europa die Megalith-Kulturen (Megalithiker) in vollster Blüte anzutreffen sind. Das sind neben Westeuropa vor allem die Küsten der Normandie, die Kanalinseln (vermutlich zum versunken Doggerland gehörend) und Küstenstreifen von Westirland und Wales (England).

Meine “experimentelle Archäologie"

An dieser Stelle kommt nun meine “experimentelle Archäologie” ins Spiel. Für mich ist diese Hypothese die Anregung nachzuforschen, ob der Anbau und alltägliche Gebrauch solche alter Lauch-Varianten in der Küche und Selbstversorgung vielleicht meine Hypothese bestätigt – also die auch vermutete enorme Effizienz dieser Gemüse. Ich frage mich beispielsweise:
  • Sind diese Varietäten einfach anzubauen,
  • einfach zu ernten,
  • einfach zu lagern oder
  • in der Küche leicht zu gebrauchen?
  • Bringen sie Geschmack?
  • Wie fügen sie sich in die Kulturfolge zu anderen Kulturpflanzen?
  • Welcher Nährstoffbedarf ist nötig?
  • Welchen Dünger braucht es?
  • Welche Krankheiten, Schädlinge und Fressfeinde gibt es?
  • usw.

Beiträge dazu hier im Blog:

Ein Gemüse für den Brandrodungs-Hackbau?

Das Interessante bei der Beschäftigung mit diesen und anderen Knoblaucharten ist jedoch, dass ich mehr und mehr zu der Annahme neige, dass der Knoblauch (vorzugsweise Allium ampeloprasum) in jener alten Zeit weniger eine Gartenkultur im heutigen Sinne war. Es war auch keine vorzügliche Kultur für den Feldbau mit pflügender Bearbeitung. Dieses Gemüse gehört zum Hackbau und damit zu den völkischen Kulturen, welche diesen Hackbau betrieben – also der Hackbau-Kultur (die ursprünglich aus den Tropen stammt).

Wiederum mit dem Hackbau schließt sich der Kreis über den Brandrodungs-Feldbau (mit seiner sechsfachen Ertragsmöglichkeit gegenüber der herkömmlichen pflügenden Feldberbeitung).

Elefantenknoblauch
5) Ebenfalls eine Ur-Sortengruppe: Allium ampeloprasum var. Holmense. Zu dieser Varietät gehören der sogenannte Elefantenknoblauch, wie auch moderne Knoblauchsorten.

Ein Gartengemüse der Germanen?

Und mit dieser Zuordnung kommen wir auch der Frage näher, wie wir uns die Gartenbaukultur der Germanen vorstellen sollten, deren gärtnerische Nahrungsmittelproduktion zumindest zu einem großen Teil nicht direkt am Haus geschah, sondern auf Brandrodungs-Schlägen im nahen Niederwald.

Weitere Ausführungen zur Thematik folgen hier auf diesem Blog.

Quellen und weitere Erläuterungen


[1] Aberglaube an Bord: Von roten Socken, Blumengestecken im Heck und rituellem Kratzen am Masthttp://web.archive.org/web/20240302130329/https://www.sea-help.eu/dies-das/aberglaube-an-bord/

[2] Nach Knoblauch stinkende Germanen... (Textquelle bei web.archive.org)
SIDONIUS APOLLINARIS UND DIE BURGUNDEN (Sid. Ap. carm. 12)*; Arverners Gaius Sollius Sidonius Apollinaris (Schwiegersohn des Kaisers Avitus); 430 geboren; 468 unter Kaiser Anthemius Stadtpräfekt von Rom und Patricius (Aristokrat), begleitete mehrfach militärische Ämter, wurde um 470 katholischer Bischof von Clermont-Ferrand; gestorben zwischen 480 und 490. Die Langobarden hatten damals den arianischen Glauben angenommen. (Sidonius befand sich des Amtes wegen zeitweise am Hofe des Langobardenkönigs?)

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