September: Efeu blüht. Die Imker freuen sich.

Quellenstudie (5) Brennkultur nach Pinckert, 1861 – Zwischenfazit (1) – Braucht bessere Begrifflichkeiten?

Schwedbauern
Experimentelle Archäologie auf dem Kulturbauernhof Telkkämäki, Schweden

Vorbemerkungen zur Zwischenbetrachtung

Zählpixel Bevor ich ein erstes Zwischenfazit zu der 1861 erschienenen Publikation (Die vollständige Brenn-Kultur in der Landwirtschaft [1]) ziehe, welches nicht all zu ausschweifend ausfallen soll, möchte ich kurz auf die Form dieser Zwischenbetrachtung eingehen.

1. Offene Präsentation von Forschungsergebnissen

Meine Recherchen und Forschungen präsentiere ich hier im Blog bewusst ergebnisoffen. Das tue ich nicht nur aus altruistischen Gründen, sondern auch, weil es mir ermöglicht, meine Arbeiten übersichtlich zu dokumentieren. Ein öffentlich zugängliches Blog-Archiv bietet mir eine bessere Übersicht als jedes andere digitale Archiv. Außerdem eröffnet es die Möglichkeit, dass Leser meine Artikel kommentieren, was oft zu wertvollen Diskussionen und neuen Erkenntnissen führt.

2. Praxisbezogene Forschung

Meine Recherchen zur Agrargeschichte, insbesondere zum Gartenbau, sind nicht nur theoretischer Natur. Ein wesentlicher Teil meiner Arbeit zielt darauf ab, historisches Wissen heute wieder praktisch nutzbar zu machen. So hat beispielsweise das Wissen über die Brenn-Kultur nach PINCKERT direkten Einfluss auf mein Waldgarten-Projekt, in dem ich eine Niederwald-Nutzung (im kleinsten Maßstab) für Kaminholz anstrebe. Zwar findet der Brennprozess, dann nur im Kaminofen statt, doch war mir die konsequente Nutzung der Holzasche, wie sie Pinckert beschreibt, bislang nicht in vollem Umfang bewusst.

3. Teil unserer indigenen Kultur?

Das historische Wissen bereichert also nicht nur meine eigenen Projekte, sondern könnte auch für andere, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen, von großem Nutzen sein. Das geht so weit, dass diese alte Agrartechnik durchaus ein beachtenswerter Teil unserer alten, indigenen Kultur ist. Sie gilt es in ihrem ursprünglichen Lebensalltag und ihrer daraus geformten Spiritualität immer wieder neu zu entdecken.

Die bisherigen Blog-Artikel mit Textauszügen aus PINKERTs Brenn-Kultur

Nun zum Zwischenfazit (es braucht bessere Begriffe)

Eigentlich wollte ich mehrere Themen in diesem Beitrag behandeln, doch der erste Punkt erwies sich als so umfangreich, dass ich mich heute darauf beschränke. Das erste Zwischenfazit beim Studium von Pinckerts Werk zur Brenn-Kultur ist die Notwendigkeit einer klaren Definition der Begriffe. Bevor man sich mit dieser Form der Landwirtschaft auseinandersetzt, sollten diese präzise festgelegt werden.

1. Mehr als Brandrodung

Der Begriff der Brenn-Kultur, ist bei PINCKERT zunächst ein viel weiter gefasster Begriff, der über die heute übliche Benennung “Brandrodung” (Slash-and-Burn Agriculture) hinausgeht. Überhaupt ist es so, dass die Begrifflichkeiten, welche heute die verschiedenen Agrar-Brenntechniken beschreiben, zwar vorhanden und differenziert sind, doch sind sie in der Weise nicht präzise, weil sie im populärwissenschaftlichen Bereich regelmäßig zu Missverständnissen führen. Ein Beispiel ist der  heute bevorzugte Begriff Wanderfeldbau, der gern auch mit der Teil-Sesshaftigkeit der Wanderfeldbauern in Zusammenhang gebracht wird. Er suggeriert schon auch eine Teil-Sesshaftigkeit. Der Begriff Wanderfeldbau verschweigt zunächst völlig denjenigen Zusammenhang, der erkenntlich wäre, wenn wir “Wanderfeldbau” mit “Brandrodungswirtschaft” oder “Brandrodungsfeldbau” ersetzen würden.

2. Klare Abgrenzung zum Pflug-Feldbau ist nötig

Auch, die klare Abgrenzung zum Pflug-Feldbau wäre nützlich, da der Brandrodungsfeldbau ein klassischer Hackbau ist. In den vielen tropischen Ländern, wo heute noch von den indigenen Volksgruppen Brandrodungsfeldbau betrieben wird, arbeitet man immer noch (wie in der Steinzeit) – und das sehr effizient – mit Grabstock und Hacke.
Der verbesserte Begriff wäre dann: Brandrodungs-Hackbau.

3. Mehr als Rodung und Urbarmachung

Des Weiteren wäre es noch präziser, wenn wir einen sofort verständlichen Begriff dafür hätten, dass dieser Brandrodungs-Hackbau keine radikale Urbarmachung von Waldflächen darstellt. Er schont nämlich die Wurzelstöcke der ausschlagfähigen Niederwaldgehölze.

(Nach einer zwei bis dreijährigen landwirtschaftlichen Nutzung, folgt dann ein Stauden- und Gebüsch-Stadium, dem dann die Waldweide folgt und die Nutzung des Waldfeldstückes für die Brennholzgewinnung, der Niederwaldbewirtschaftung.)

4. Der Schwendbau

Der Begriff für diesen niederwald-schonenden Brandrodungs-Hackbau ist vorhanden und nennt sich Schwendbau (Schwenden). Doch auch hier wäre es für den populärwissenschaftlichen Bereich besser, wenn wir einen inhalts-verständlicheren Begriff verwenden würden. Vielleicht: Ökologischer Brandrodungs-Hackbau?

Ökologisch ist hier in dem Sinne gemeint, dass es sich bei Brandereignissen in Wäldern, Mooren und Steppenwäldern um natürliche Ereignisse handelt. Sie werden hier lediglich vom Menschen adaptiert.

Diese allerersten Gedanken zu PINCKERTs Publikation [1] soll zunächst genügen und machen wohl als nächstes einen Begriffskatalog nötig. In diesem müsste ich dann zunächst die modernen und alten Begrifflichkeiten abgleichen, standardisieren und definieren.

Quellen und weitere Bemerkungen

Bildrechte Beitragsbild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Slash_and_burn_workers.jpg
Naturschutzgebiet Telkkämäki (wikipedia) 

[1] PINCKERT, Friedrich August; Die vollständige Brenn-Cultur in der Landwirthschaft [Die vollständige Brenn-Kultur in der Landwirtschaft]; Berlin 1861
Weitere Quellen-Notizen meiner Arbeit:

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