September: Efeu blüht. Die Imker freuen sich.

Der Garten der Germanen (4) im Frühmittelalter. Immer noch nötige begriffliche Klärungen.

Germane in dörflicher Umgebung

SymbolbildZählpixel 

 Der vorliegende Beitrag ist nun schon der vierte Blogbeitrag zum Gegenstand des  Gartens der Germanen. Und wie wir alle sehen, wird es ein sehr umfangreiches Thema werden.

Allerdings habe ich mir vorgenommen, zunächst einmal klar zu definieren, was wir uns überhaupt unter einem Germanen vorstellen sollten. Diese Definition halte ich für sehr wichtig, da ich vermute, dass hierzu das Schulwissen in unserem Land von einer gewissen Unschärfe gezeichnet ist.

Die Gründe dieser "Unschärfe" haben sicher vielerlei Ursachen. Diese zu analysieren ist mir jedoch die Zeit zu schade und so will ich nach vorn schauen. Wie andere dieses Thema bewerten, ob nun zu zaghaft oder zu infantil, zu glorifizierend, überkritisch oder ständig nach völkischen Gedankengut forschend (in Bezug auf meine Ausführungen oder denen anderer) – das ist mir völlig egal. Das verhindert nur die unbefangene wissenschaftliche Analyse und diesen roten Faden will ich nun gleich wieder aufnehmen.

Weiteres nützliches Wissen

Allerdings muss ich, bevor ich direkt auf das Gartenthema kommen kann, immer noch Begrifflichkeiten klären, die mit den Germanen zusammenhängen. Langweilig wird das nicht, da diese Einsichten auch für unsere Allgemeinbildung nützlich sind.

Definition der Germanen als ein Urvolk Europas

In meinem Blogbeitrag vom 25. April 2024 habe ich bereits begonnen eine erste Definition zu formulieren, die neben den germanischen Stämmen auch den Raum abgrenzt, um den es beim Thema Gartenbau gehen soll. Ich habe im Beitrag vom 25. April dazu den"nordalpinen Raum" mit seiner "zentraleuropäischen Ur-Nation" , charakterisiert [1]; und dass in dem Sinne, wie man heutigentags in Kanada für die Indigenen den Begriff "First Nation" entwickelt hat, um die indigenen Völker Nordamerikas zu beschreiben [2]. Eingedeutscht können wir auch von den Urvölkern und den einen oder anderen bestimmten Urvolk sprechen.

Bis wann eigentlich gilt der Germane als Germane?

Allerdings fehlt nun noch eine weitere Definition. Diese benötigen wir, wenn wir uns die Frage stellen: Ab wann spricht man, bezüglich der Geschichte der Germanen, eigentlich nicht mehr von Germanen? Wenn wir nämlich die indigene Bevölkerung im nordalpinen Raum zum Ende des 8. Jahrhunderts noch als Germanen bezeichnen würden, dann könnte ich es mir ganz einfach machen, den Stand deren Gartenwirtschaft genau zu beschreiben:

Die Verordnung über die Landgüter von 795

Aus dieser Zeit (um 795 n. Chr.) ist nämlich eine sehr detaillierte "Verordnung über die Landgüter" (Capitulare de villis) bekannt, welche dem Frankenkönig Karl dem Großen (747–814) zugeschrieben wird.

Verordnung über die Landgüter von 795

Bild: Erstes Blatt von Kapitel 70 der Verordnung über die Landgüter. Hier werden 73 Garten-Nutzpflanzen (Gemüse, Kräuter) und 16 verschiedene Obstbäume gelistet.

Was in dieser Rechtsverordnung über Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau zu erfahren ist, dass ist enorm. Und wenn im geschichts-politischen Kontext dieser Zeit nur noch selten von "den Germanen" geschrieben wird, sondern eher von Goten, Vandalen, Langobarden, Franken usw. (siehe unten), so sind diese Menschen des 8. Jahrhunderts, in Dorf und Wirtschaft, ihrem Wesen nach immer noch Germanen geblieben, egal ob es Goten, Vandalen, Langobarden oder Franken sind, oder ob es Heiden, Anhänger einer Naturreligion, Volksmystiker, Arianer, Synkretisten oder ob sie Römische Christen waren. Vermutlich sind viele indigene Mitteleuropäer heute, je nach ihrer Stammeszugehörigkeit noch "indigene Germanen" oder "indigene Slawen". In Deutschland sind letztere beispielsweise die Sorben.

Die Verwendung des, von den Römern geprägten Begriffs "Germanen", endet allerdings weitgehend in der Geschichtsschreibung der Spätantike, genauer gesagt etwa ab dem 6. Jahrhundert. Danach wird zunehmend differenziert zwischen den verschiedenen germanischen Stämmen und Königreichen. Hier sind einige wichtige Punkte zur historischen Entwicklung:

Verwendung des Terminus "Germanen" im zeitlichen Kontext

Die Römer Julius Caesar und Tacitus

Der Begriff "Germanen" wurde von den antiken Römern verwendet, um eine Vielzahl von Stämmen nördlich der Alpen und östlich des Rheins zu beschreiben. (in meinem Blogbeitrag vom 25.4.2024 verglich ich das mit dem Terminus "Indianer") Der erste bekannte Gebrauch des Begriffs Germanen in der römischen Literatur stammt von Julius Caesar (100 – 44 v. Chr.) in seinem Werk "De Bello Gallico" (Kommentar zum Gallischen Krieg). Caesar benutzte den Begriff "Germani" zunächst, um eine Gruppe von Stämmen zu beschreiben, die östlich des Rheins lebten und sich von den Galliern unterschieden.

Tacitus, ein römischer Historiker, der im 1. Jahrhundert n. Chr. lebte, vertiefte und verbreiterte den Gebrauch des Begriffs Germanen in seinem Werk "Germania" (geschrieben um 98 n. Chr.). In diesem Werk beschreibt Tacitus die Sitten, Gebräuche und das Leben der germanischen Stämme ausführlich und trägt so wesentlich zur römischen Vorstellung der Germanen bei [3].

Spätantike (4.-6. Jahrhundert)

Während der Völkerwanderung (etwa 4. bis 6. Jahrhundert) zogen viele germanische Stämme über das Römische Reich und gründeten eigene Königreiche. In dieser Zeit spricht man noch von Germanen, aber der Fokus verschiebt sich auf einzelne Gruppen wie die Goten, Vandalen, Langobarden, Franken usw.

Frühes Mittelalter (ab dem 6. Jahrhundert)

Mit der Etablierung germanischer Königreiche und der Christianisierung in Europa differenzieren sich die germanischen Stämme weiter und entwickeln differenziertere Identitäten und Kulturen. Historiker beginnen nun auch spezifischere Bezeichnungen zu verwenden, wie Franken, Sachsen, Goten usw., anstatt allgemein von Germanen zu sprechen.

Das Frankenreich unter den Merowingern und später unter den Karolingern wird eine dominante Macht in Europa, und der Begriff Franken wird prominenter.

8. Jahrhundert und später

Im Zuge der Reichsbildung und der Entstehung von Nationalstaaten verschwindet der Begriff Germanen zunehmend aus der historischen und zeitgenössischen Bezeichnung. Stattdessen wird der ethnische und kulturelle Fokus auf die entstehenden Königreiche und Reiche gelegt.
Mit der Krönung Karls des Großen zum Kaiser im Jahr 800 und der späteren Entstehung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation wird die regionale und politische Identität stärker betont.

Fazit

Der Begriff Germanen wird hauptsächlich bis zum Ende der Spätantike verwendet. Ab dem 6. Jahrhundert sprechen Historiker und Zeitgenossen zunehmend von den spezifischen germanischen Stämmen und deren Königreichen. Die allgemeine Verwendung des Terminus endet somit weitgehend mit dem Beginn des frühen Mittelalters.

Allerdings änderte sich (abgesehen von den zu jeder Zeit stattfindenden Innovationen) nicht der Mensch als solches und sein wirtschaftliches Umfeld, zu dem damals natürlich auch der Garten gehörte.

Damit können wir als geschichtliche Quelle durchaus auch die Verordnung über die Landgüter von 795 als Quellenmaterial für unsere germanische Gartenbaugeschichte betrachten – wenn auch als spätes. Auf jeden Fall wird dies Inhalt einer weiteren Ausführung werden. [TJ.22.4]

Quellen und weiter Erläuterungen

[1] Natürlich auch mit Übergängen in die keltische und slawische Kultur uns in die der nordischen Rentier-Hirten.

[2] ...die Indigenen, die dort traditionell ansässig waren, bevor europäische Kolonisatoren ankamen. Wenn wir nun Indianer und europäische Kolonisatoren im Vergleich zu den Germanen und Römern setzen, sind wir einen sinnvollen Geschichts-Verständnis sehr nahe.

[3] Tacitus neigte dazu, die Germanen zu idealisieren, indem er sie als tugendhaft und moralisch überlegen gegenüber den Römern darstellte. Diese Darstellung war teilweise als Kritik an der römischen Gesellschaft gedacht. Seine Art der Literatur können wir wunderbar mit den Büchern des sächsischen Schriftstellers Karl May (1842–1912) vergleichen und dabei vielerlei Parallelen feststellen, was und hilft Tacitus besser zu verstehen.
Karl May idealisierte ebenfalls die indigenen Völker Nordamerikas, insbesondere durch die Figur Winnetou. Diese Darstellungen stellten oft die Werte und Tugenden dieser Völker in den Vordergrund und kontrastierten sie mit den negativen Aspekten der westlichen Zivilisation.
Beiden Autoren ist zueigen, dass sie Begrenzte persönliche Erfahrungen mit der Materie hatten über welche sie schrieben.

[5] Wikipedia-Beitrag zur Landgüter-Verordnung, 27. April 2024
https://web.archive.org/web/20240427230545/https://de.wikipedia.org/wiki/Capitulare_de_villis

Wikipedia-Beitrag zur Landgüter-Verordnung, 16. Oktober 2009
http://web.archive.org/web/20091016094233/http://de.wikipedia.org/wiki/Capitulare_de_villis


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