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Entstand die pflügende Landwirtschaft in Europa? Oder anders gefragt: Entstand in Europa schon früh eine Landwirtschaft parallel zum Zweistromland?
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Sauber durchbohrte Steinäxte. Eine Erfindung der Megalithiker Westeuropas neben dem Pflugbau. |
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Arbeitstitel: Der Hochseehafen der Megalithiker an der prähistorische Seidenstraße und die Anfänger der modernen Landwirtschaft.
Ursprung des Hackbaus
In den bisherigen Artikeln auf diesem Blog, die vorzugsweise die Kulturgeschichte der Menschheit im Zusammenhang mit der Agrar- und Gartenbaugeschichte beleuchten, habe ich festgehalten, dass – und dies entspricht auch dem Stand der Wissenschaft – die Ursprünge der Landwirtschaft zunächst im Anbau von Kulturpflanzen ohne Pflug, dem sogenannten Hackbau, zu finden sind.
Während diesem Migrationsprozess stießen die Bauern nicht auf unbesiedeltes Land. Man lebte vermutlich oft friedlich parallel mit den indigenen Bewohnern (höhere Jäger, Fischer und Sammler) und es kam natürlich auch beständig zur genetischen Vermischung der anatolischen Bauern mit den Ureinwohnern des jeweiligen Landes. Dabei ist interessanterweise nachgewiesen, dass sich in Nordfrankreich vorzugsweise die indigenen Männer mit den anatolischen Frauen verbanden und nicht umgekehrt [3]. Allerdings – ich erwähnte es noch nicht – stieß man hier am Ende jener besagten, ältesten Seidenstraße, in der Bretagne auf eine noch ältere indigene (frühe megalithische) Landbaukultur (die Campignien-Kultur). Und aus dieser Vermischung heraus, entstand dann recht zügig (und archäologisch gut belegt) die entwickelte mitteleuropäische Megalithkultur, die wiederum viele Jahrhunderte später von den alten Ägyptern als die Bewohner des sagenumwobenen Atlantis bewundert wurden.
Die Entwicklung des Hackbaus
Die Entwicklung des Hackbaus in Gesellschaften von Jägern, Fischern und Sammlern lässt sich durchaus einfach nachvollziehen. Ein Beispiel dafür geben uns noch heute viele indigene Gemeinschaften in Nord- und Westaustralien. Sie nutzen eine Vielzahl von Knollen- und Wurzelpflanzen als Nahrungsquelle, etwa den wilden Yams (Dioscorea spp.). Diese nährstoffreichen Wurzeln werden traditionell durch selektives Ausgraben geerntet: Mit speziellen Pflanzstöcken hebt man nur einen Teil der Wurzel oder Knolle aus und lässt den Rest im Boden, um die Regeneration der Pflanze zu ermöglichen. Von diesem Ansatz aus ist es nur ein kleiner Schritt zu einer bewussten Kultivierung, wenn sich die Lebensweise – zum Beispiel durch verstärkten Fischfang – immer mehr in Richtung Sesshaftigkeit entwickelt. Auch eine halb-sesshafte Lebensweise mit Sommer- und Winterlagern fördert den gezielten Kulturpflanzenanbau.Die Ausbreitung des Hackbaus laut Emil Werth
Nach den Hypothesen des deutschen Forschers Prof. Dr. Emil Werth (1869–1958) [1a] entwickelte sich der Hackbau über Jahrtausende hinweg zunächst in den Tropen, wobei das östliche Indien (bzw. Hinterindien) vermutlich als Ausgangspunkt diente. Von dort breitete sich diese frühe Landwirtschaft westwärts nach Afrika (nördlich des Äquators) und ostwärts nach Ostasien aus, bis hin zu Papua-Neuguinea, Neuseeland und weiter in den Pazifik. Werth vermutete, dass sich diese Hackbaukultur sogar über den Pazifik bis nach Mesoamerika ausdehnte, wodurch etwa die Banane auch in Amerika heimisch wurde. Letztlich entstand ein weltumspannender tropischer Hackbaugürtel – ein Aspekt, der heute kaum noch Beachtung findet.Der Übergang zum Pflugbau
Da ich WERTHs Hypothesen weiterhin für relevant halte, gehe ich wie er davon aus, dass der Pflugbau aus diesem tropischen Hackbaugürtel hervorging. Diese Entwicklung wäre nach WERTH im Umfeld des Indus und weiter nördlich in Zentralasien zu suchen. Hierbei stützte der Wissenschaftler seine Thesen auf akribische Studien archäologischer Funde früher primitiver Landbaugeräte. Besonders bemerkenswert sind seine Ausführungen zu verschiedenen Schäftungsarten von Steinbeilen und Steinhacken, auf die ich später noch einmal zurückkommen werde.Anatolische Bauern und die neolithische Expansion
Im Zuge der sogenannten neolithischen Revolution [2] kam es bekanntermaßen in Anatolien mit der dort entstehenden Landwirtschaft gleichzeitig zu einer recht bedeutenden Bevölkerungsexplosion. Diese führte zu einer raschen Ausbreitung der "anatolischen Bauern" in nördliche und östliche Richtungen. Neueste archäogenetische Forschungen zeigen, dass die Verbreitung deren landwirtschaftlicher Techniken auch mit der genetischen Expansion dieser anatolischen Bauern einherging.
Interessant ist dabei, dass sich diese aus Anatolien stammenden Neusiedler in ihren neu erschlossenen "Kolonien" rasch mit den indigenen Jäger-Sammler-Völkern vor Ort vermischten. Aus diesen "hybriden" Völkerschaften entstanden dann häufig recht interessante Kulturen mit früh-zivilisatorischen Merkmalen.Die Megalithiker und die "Atlantische Kultur"
Eine dieser Präzivilisationen, die ich bereits in einem meiner Blog-Artikel erwähnte, sind die sogenannten westeuropäischen Megalithiker, deren frühe Phase auf der bretonischen Halbinsel anzutreffen ist. Diese Region bildete bereits in der Mittel- und frühen Jungsteinzeit das nordwestliche Ende eines endlos langen eurasischen Steppengürtels (siehe Blog-Artikel vom 26.10.2024), der sich vom Pazifik bis zum Atlantik erstreckte.Der größte Teil dieser anatolischen Bauern breiteten sich entlang der besagten „prähistorischen Seidenstraße“ aus, brachten dabei komplett auch ihre eigenen Kulturpflanzen und domestizierte Tiere mit und gelangten etwa 5000 v. Chr. über Mitteleuropa nach Nordfrankeich bis zu den Küsten des Atlantiks.Während diesem Migrationsprozess stießen die Bauern nicht auf unbesiedeltes Land. Man lebte vermutlich oft friedlich parallel mit den indigenen Bewohnern (höhere Jäger, Fischer und Sammler) und es kam natürlich auch beständig zur genetischen Vermischung der anatolischen Bauern mit den Ureinwohnern des jeweiligen Landes. Dabei ist interessanterweise nachgewiesen, dass sich in Nordfrankreich vorzugsweise die indigenen Männer mit den anatolischen Frauen verbanden und nicht umgekehrt [3]. Allerdings – ich erwähnte es noch nicht – stieß man hier am Ende jener besagten, ältesten Seidenstraße, in der Bretagne auf eine noch ältere indigene (frühe megalithische) Landbaukultur (die Campignien-Kultur). Und aus dieser Vermischung heraus, entstand dann recht zügig (und archäologisch gut belegt) die entwickelte mitteleuropäische Megalithkultur, die wiederum viele Jahrhunderte später von den alten Ägyptern als die Bewohner des sagenumwobenen Atlantis bewundert wurden.
Älteste bekannte Megalithanlage in Europa ist der Cromlech von Almendres in Zentralportugal, 6. Jahrt. v. Chr. |
Frühere Ausbreitungswellen und die Campignien-Kultur
Vermutlich war es so, dass bereits vor der oben beschriebenen, bäuerlichen Migration, die in Anatolien seinen Anfang nahm, eine noch frühere Ausbreitung einer landwirtschaftlich produzierenden bäuerlichen Kultur (es war eine Hackbaukultur) aus Zentralasien oder Anatolien heraus (?) oder von Palästina kommend, nach Westeuropa vorstieß. Dieses geschah über den Mittelmeerraum und Nordafrika und stand im Verband mit einer Form prähistorischer Seefahrt.Älteste asiatisch-anatolische bäuerliche Gemeinschaften erreichten nämlich schon 9000 v. Chr. (!) über Zypern und Kreta den ägäischen Inselraum und schließlich über Nordafrika und Gibraltar auch Nordfrankreich. Hier entstanden oder entwickelten sich nachweislich recht früh sesshafte Kulturen, die sich von Jagd, Fischfang, Meersfrüchten und vom Hackbau ernährten.
[Parallel zu diesen Vorgängen sind aber auch Einflüsse von Seiten der sogenannten "Grünen Sahara" und deren menschlichen Kulturen mit ins Kalkül zu ziehen. Die Grünen Sahara bezieht sich auf die Zeit von etwa 9000 bis 3000 v. Chr. (Optimum 8000–4000) als die heutige Wüstenregion eine deutlich feuchtere und grünere Landschaft war, als heute. Die dort lebenden Menschen praktizierten auch einen Hackbau (tropischer Hackbaugürtel) [4].]
Jedenfalls verortete Prof. Werth die Kultur im Norden Frankreichs (damals üblich) als Campignien-Kultur [5a] und datierte sie auf 7000 bis 5000 v. Chr.. Die in dieser Kultur bereits auszumachende Großsteinarchitektur stand jedoch nicht im Vordergrund seiner Betrachtungen, sondern es war die dort stattgefundene frühe Erfindung der pflügenden Landwirtschaft. Einige Wissenschaftler [5b] führte und führt das Studium der Campignien-Leute sogar zur Annahme, dass die pflügende Landwirtschaft in Westeuropa (mindestens parallel zur Entwicklung des Pfluges in Vorderasien) entstanden sein könnte.
Drei kulturelle Entwicklungen der Megalithiker
In diesem nunmehr hochinteressanten früh-zivilisatorischen Hotspot um Portugal, Nordfrankreich und Belgien herum – ursprünglich gehörte vielleicht auch das bis 6000 v. Chr. existierende Doggerland [6] dazu (jetzt Doggersee in der Nordsee) – entwickelten sich drei bemerkenswerte kulturelle Stränge:
- Eine fortschreitend verbesserte Landwirtschaft,
- eine ausgeprägt megalithische Architektur,
- eine Hochseeschifffahrt, die zu einer Ausbreitung der Megalithiker in den atlantischen und mediterranen Inselraum führte (u. a. Britische Inseln, Kanalinseln, Hebriden, Orkney-Inseln, Balearen, Azoren und Kanarische Inseln).
Zunächst möchte ich nur am Rande bemerken, dass wir mit dieser dreifach-kulturellen Entwicklung und mit der besonderen verkehrstechnischen Lage – also einer Art einer Art Hochsee-Hafen-Wirtschaft am Ende der alten neolithischen Seidenstraße – zu weiteren bemerkenswerten Entwicklungen kam.
Die sich entfaltende Landwirtschaft oberhalb des tropischen Hackbaugürtels nahm also in Zentralasien und Anatolien ihren Ausgangspunkt und strebte von dort in einer eiszeitlichen Warmphase nach Nordwesten. Dort angelangt und vermutlich mit einer verbesserten technologischen Form strahlte sie nun aber auch wieder in Richtung Ausgangspunkt zurück. Das wiederum mag eine Erklärung dafür sein, dass bemerkenswerte Ähnlichkeiten megalithischer Kulturentfaltung sogar in Ostasien, Korea und Japan zu finden sind. Woran ist das aber archäologisch genauer festzumachen?
Ein Beispiel aus Korea |
Technologischer Transfer und die Bohrtechnik
Eine bemerkenswerte Technologie, die mit der Entwicklung der Landwirtschaft in der Campignien-Kultur [5a] einen Weg von Nordwesten bis Südosten über den eurasischen Kontinent "rückstrahlte", ist die archäologisch nachgewiesene sogenannte Lochschäftung von den Werkzeugen der Campignien-Ackerbauern und ihren Pflügen. Professor Werth legte ihren Ursprung in das Entstehungsgebiet der mittelsteinzeitlichen Campignien-Gesellschaft. Diese Technik, die besonders in der Jungsteinzeit an duchbohrten und polierten Steinbeilen [7] leicht zu erkennen ist, breitete sich noch in der Jungsteinzeit von Nordwesteuropa bis in zentralasiatische Gebiete aus – also von Nordfrankreich, Belgien und von da aus (samt Irland, England und Norwegen) bis zum Baikalsee und Baikalgebirge. In der darauf folgenden Bronzezeit, in welcher die westeuropäische Megalithkultur bereits durch indogermanische Völkerschaften ausgelöscht war, gelangte die offensichtlich fortschrittliche Lochschäftung noch immer weiter östlich aus.
Ausbreitung der pflugbaulichen Lochschäftung von Nordwesten nach Südosten. I bis Ende Mittelsteinzeit, bis Ende Jungsteinzeit, II bis Ende Bronzezeit. E. Werth [1b]. |
So ist es auch nicht verwunderlich, dass die heutige Archäogenetik bei dieser agrartechnischen Ausbreitungsbewegung keine klar bestimmbare Völkergruppe identifizieren konnte, im Gegensatz zur Expansion der anatolischen Bauern.
Das Wie und das Warum diese Art der Werkzeugschäftung einen deutlichen Fortschritt für die Menschen brachte, ist mir allerdings noch nicht ersichtlich. Vielleicht waren es ja nicht nur die Werkzeuge allein, welche für die vermuteten land-baulichen Verbesserungen sorgten, worauf ich zum Schluss noch einmal kurz eingehen möchte.
Polierte und gebohrte Steinäxte. Waren es wirklich Äxte? |
Fazit und weiter gedacht
Zusammenfassend habe ich oben im Text auf die Hauptströme der sich entwickelnden menschlichen Landbaukultur aufmerksam gemacht, die sich nach WERTH und ergänzend durch den heutigen Stand der Wissenschaft darstellen. Zwar ist dabei die eine eine oder andere Tatsache heute etwas aus dem Blickfeld geraten, wie beispielsweise die Fokussierung auf die steinzeitlichen Feldbearbeitungsgeräte, doch im Großen und Ganzen ist das Dargestellte wissenschaftlich akzeptabel. Meine Schlussfolgerungen Für mich ergebt sich aus diesen bestehenden Hypothesen, dass wir mehr oder weniger unabhängig voneinander zwei Kerngebiete der Entstehung der Landwirtschaft (außerhalb des tropischen Hauptgürtels) vorfinden.
Jede hätte einen eigenen Stamm kultivierter Pflanzen und Nutztiere, die im ältesten Ursprung wohl aus dem anatolischen-zentralasiatischen Raum stammen. Genetisch hätten sich diese jedoch so weit auseinander entwickelt, dass sie wiederum beim Aufeinadertreffen der Campignien-Kultur mit den jüngeren Kolonisten aus Anatolien interessante Hybriden hervorgebracht haben müssten.
Von der Entstehung der Kulturpflanzen wissen wir, dass sie in ihrer ersten Phase der Wandlung eine sogenannte Riesenwüchsigkeit (Gigaswuchs) durchlaufen und für die zweite Domestizierungs-Phase in der Regel einer Hybridisierung bedürfen (ich schrieb über diese Vorgänge im Blog-Artikel vom 5.7.2024). Vergleichbare Entwicklungen betreffen auch die Nutztiere. Rein theoretisch müsste dieser Hybridisierungs- und vielleicht auch Heterosis-Effekt [8] um 5000 v. Chr. in Europa stattgefunden und leistungsfähigere Kulturpflanzen und vielleicht auch leistungsfähigere Nutztiere hervorgebracht haben. Würde sich diese Vermutung bestätigen, spräche es wiederum für die erkenntnistiefen Thesen Professor Werths. Ich denke es lohnt sich, hierauf das Augenmerk zu behalten.
Quellen und weitere Bemerkungen
Bemerkung zur Hauptüberschrift: Heute gehen die meisten Wissenschaftler davon aus, dass die pflügende Landwirtschaft ihren Ursprung in der Region des Fruchtbaren Halbmonds hat – einem Gebiet, das Teile des heutigen Iraks, Syriens, der Türkei, Irans, Jordaniens und Israels umfasst. Dort begann man etwa um 4000 v. Chr., den Pflug einzusetzen, um den Boden effizienter für den Anbau von Getreide wie Weizen und Gerste vorzubereiten.[1a] WERTH, Prof. Dr. Emil; Grabstock Hacke und Pflug; Ludwigsburg 1954
[1b] Skizze Seite 95. Zone IV sind die Gebiete, in denen sich 1943 neben der Lochschäftung der Gerätschaften noch die alten Schäftungsarten finden. In Zone V finden sich nur die alten Schäftungsarten.
[2] Die sogenannte Neolithische Revolution, also die Erfindung der Landwirtschaft in Anatolien hat zunächst noch nichts mit der Erfindung des Pfluges zu tun! Die neolithische Revolution beschreibt lediglich den Übergang von nomadischen Jäger- und Sammlergesellschaften zu sesshaften bäuerlichen Gemeinschaften, der 10.000 v. Chr. von Anatolien ausgehend im sogenannten Fruchtbaren Halbmond (heutiger Nahe Osten) begann. Dieser Wandel wurde durch die Domestikation von Pflanzen wie Weizen, Gerste und Hülsenfrüchten sowie Tieren wie Ziegen, Schafen, Schweinen und Rindern geprägt. Mit dem Anbau von Nahrungsmitteln und der Tierhaltung entwickelten sich dauerhafte Siedlungen und erste Anbauflächen. Diese Art der Landwirtschaft ermöglichte eine zuverlässigere Nahrungsversorgung und führte zu einem Bevölkerungswachstum, das den Grundstein für komplexere Gesellschaftsstrukturen legte.
[3] "Die Ursprünge der Megalithkulturen in Europa sind weiterhin umstritten, aber sie scheinen aus einer Verschmelzung von Kulturen mesolithischer Westeuropäer mit Bauern aus dem Nahen Osten entstanden zu sein, die entlang der Mittelmeerküste migriert waren. DNA-Tests von Überresten aus Megalithgräbern zeigten, dass die väterliche Abstammung überwiegend mesolithischer Europäer war, während die mütterliche Abstammung überwiegend ostmediterraner Herkunft war." Quelle: https://www.eupedia.com/genetics/megalithic_culture.shtml
Die genetischen Befunde könnten auf eine patriarchale Gesellschaftsstruktur hinweisen. Wenn die väterliche Abstammungslinie überwiegend von mesolithischen Europäern stammt, während die mütterliche Linie überwiegend ostmediterrane Herkunft aufweist, deutet dies darauf hin, dass Frauen von außen – möglicherweise aus den migrierenden bäuerlichen Gruppen des Nahen Ostens – in die lokalen, vermutlich männlich dominierten Gemeinschaften integriert wurden. Dieser Befund unterstützt die Hypothese, dass die Frauen von den bäuerlichen Einwanderern kamen, während die männliche Linie der lokalen mesolithischen Bevölkerung stärker vertreten blieb. Siehe dazu weiter:
Titel: "Vermehrte Interaktionen zwischen jungsteinzeitlichen Einwanderern und Jäger-Sammlern in Westeuropa / Anhand archäogenetischer Daten für die Zeit des Übergangs von der Mittel- zur Jungsteinzeit vor rund 7500 Jahren in Westeuropa, ist es einem deutsch-französischen Forschungsteam gelungen, einen für Europa ungewöhnlich hohen Grad an Variabilität genetischer Vermischung zwischen neolithischen Frühbauern und regional ansässigen Jäger- und Sammlergruppen nachzuweisen."; Max-Planck-Institut für Geoanthropologie; 29. Mai 2020
https://www.shh.mpg.de/1713195/haak-french-dna
[4] Sehr aktuell und hochinteressant zu diesem Thema: Kürzlich stellte ein Team von spanischen Wissenschaftlern fest, dass der megalithische Lunisolarkalender aus Basalt auf Lanzarote, Kanarische Inseln („Quesera“ oder „Käsebrett“ von Zonzamas), faktisch ein Zwillingsmonument in Jerusalem (Al Quds auf Arabisch) besitzt. Diese Monumente auf der West- und Ostseite der Sahara stützen die Hypothese einer gemeinsamen "grünen" Sahara-Kultur und einer späteren Migration in Richtung Atlantik, Mittelmeer und Naher Osten, als die Sahara ab 10.000 v. Chr. austrocknete. Spuren dieser Kultur finden sich noch heute in iberischen Felsinschriften auf den Kanarischen Inseln und in der Sahara, insbesondere in Tim-Missaou, Algerien... Quelle: https://web.archive.org/web/20241108202009/https://www.sciepublish.com/article/pii/295
oder: Peter B. deMenocal & Jessica E. Tierney; Grüne Sahara: Veränderungen der Erdumlaufbahn bestimmen afrikanischen Feuchtperioden; Nature Education, 2012
Wichtig: Mit dem heutigen Wissen um die "Grünen Sahara" muss WERTHs zugewiesener ursprünglicher tropischer Hackbaugürtel im Bereich Afrika deutlich in Richtung Mittelmeer verschoben werden und reichte vielleicht schon in der Alleröd-Schwankung (11.400 bis 10.730 v. Chr., der schnellen Warmphase, dem Interstadial, kurz vor dem Ende der letzten Kaltzeit) bis Nordfrankreich hinauf (teilweise bis Irland). Vergleichbar wäre das mit der nördlichen Ausbreitung des tropischen Hackbaugürtels in Nordamerika. Diese Möglichkeit werde ich sicher noch einmal gesondert thematisieren.
[5a] Die Campignien-Kultur (benannt nach dem Fundort Campigny in der Normandie, Frankreich) ist eine archäologische Bezeichnung für eine spezifische Lebensweise, die im Mesolithikum und frühen Neolithikum in Teilen Westeuropas, vor allem in Nordfrankreich und Belgien, verbreitet war. Früher wurde sie als eigenständige „Kultur“ betrachtet, jedoch sieht die moderne Forschung die Campignien-Gruppe eher als regionale Anpassung von Jägern und Sammlern, die erste Elemente der Bodenbearbeitung und Vorratshaltung nutzten. Typisch für die Campignien-Kultur sind große Muschelhaufen (Küchenabfälle), saisonale Lagerplätze und einfache Werkzeuge wie Hacken und Beile. Diese Gruppen lebten teilweise sesshaft, betrieben offsichtlich noch keinen voll entwickelten Ackerbau. Allerdings war die Vorstellung, dass die Landwirtschaft in der Campignien-Kultur entstanden sein könnte, vor allem in älteren Forschungen verbreitet.
[5b]Vertreter sind Emil Werth (1869–1958) [1]; Henri Breuil (1877–1961), französische Prähistoriker; oder Marcel Otte, belgischer Prähistoriker (geb. 1948).
[6] Die Doggersee oder Doggerland ist kein heute existierendes Meer, sondern bezeichnet ein versunkenes Landgebiet in der heutigen Nordsee. Dieses Gebiet, das während der letzten Eiszeit und bis etwa 6000 v. Chr. noch über Wasser lag, verband das heutige Großbritannien mit dem europäischen Festland. Mit dem Anstieg des Meeresspiegels wurde Doggerland allmählich überflutet und ist heute Teil des Meeresbodens der Nordsee, insbesondere in der Region der Doggerbank – einer flachen Sandbank in der zentralen Nordsee.
[7] Es wurden auch Geräte aus Knochen oder Geweih (Geweihacken) für eine Lochschäftung gebohrt.
[8] Der Heterosis-Effekt, auch als „Hybridvigor“ bekannt, beschreibt das Phänomen, dass Nachkommen aus der Kreuzung genetisch unterschiedlicher Eltern oft eine höhere Vitalität, Wachstumskraft und Produktivität aufweisen als ihre Elternlinien. In der Metamorphose von einer Wildpflanze zur Kulturpflanze hat bis zu diesem Stadium in der Regel noch eine genetisch bedingte Mutation stattgefunden. Diese treten allerdings bei Hybriden häufiger auf, als bei Wildpflanzen und können nach dem Hybridisierungs-Prozess die weitere Veränderung eine Kulturpflanze bewirken.
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